Ein Ritual hat Ines Brauer* auch beibehalten, als alles andere längst anders war. Jahrelang hat ihr Mann jeden Tag eine Rose für sie mitgebracht. Seit zwei Jahren, seit ihr Mann im Wachkoma liegt, bringt sie ihm eine Rose, jeden Tag.
Ines Brauer, 69, hat das Ritual ihrem Leben angepasst. Sie hat es verändert, umgedreht, weil es anders nicht mehr ging. Sie zitiert es aus ihrem alten Leben, um wenigstens etwas davon in ihr heutiges zu retten. Nur ihr Mann, der früher Teil des Rituals war, nimmt es heute nicht mehr wahr. Wahrscheinlich nicht.
Wachkoma, das bedeutet: Nichts ist sicher. Durch schwere Schädigungen des Gehirns scheinen Patienten zu schlafen und vorübergehend aufzuwachen. Wie viel ihnen bewusst wird, wie viel sie fühlen, ist unklar, die Einschätzung, ob sich der Zustand der Patienten jemals bessern wird, eine Gratwanderung.
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