Jörn Karlipp, 37
Diagnose: Herzinfarkt Behandlung: Herzkatheterbehandlung Klinik: Unfallkrankenhaus Berlin
Vorgeschichte:
“Ich fresse nichts in mich hinein”, sagt Jörn Karlipp und lacht ein sympathisches Lachen. “Wenn mich was ärgert, dann schreie ich es auch mal heraus.” Einen Herzinfarktpatienten hätte er sich anders vorgestellt – und vor allem älter. Seit drei Tagen liegt der 37-Jährige im Unfallkrankenhaus Berlin und versucht aus dem schlechten Traum zu erwachen, der an diesem Mittwoch ohne Vorwarnung begonnen hat: Aufstehen, Cappuccino machen, Kinder zur Schule fahren, weiter zum Kunden, der sein Haus von Grund auf gereinigt haben will.
Er kommt nur bis zum Cappuccino. “Dabei wäre der Termin wichtig gewesen, jetzt nach unserem Umzug”, sagt Karlipp. Vor zwei Wochen ist die Familie aus der Pfalz wegen der niedrigeren Miete nach Königs Wusterhausen gekommen. Karlipp steht unter Druck. Als selbstständiger Gebäudereiniger und Vater von drei Kindern muss er schnell einen Kundenstamm aufbauen, sonst kommt kein Geld in die Kasse. Um kurz nach sechs drückt es in Karlipps Brust. Eine Erkältung, denkt er, aber der Druck wird noch stärker.
Diagnose:
Fünf Minuten später liegt Karlipp zwischen Geräten und vier Sanitätern auf einer Trage im Wohnzimmer. ”,Ich fühl keinen Puls‘, sagte der eine immer wieder”, erinnert sich Karlipp. “Und ich dachte: Aber ich lebe doch noch.” Mit dem Hubschrauber wird er ins Unfallkrankenhaus Berlin gebracht und dort ins Herzkatheterlabor. “Es pikst”, dann wird der Katheter durch die Leistenvene bis zum Herzen geschoben. “Ich konnte auf dem Bildschirm sehen, wo der Draht war.” Erst wird das Gerinnsel abgesaugt, das sich in den Herzkranzgefäßen gebildet hatte, dann ein Stent aufgespannt, der die Engstelle dauerhaft offenhalten soll.
Das Leben danach:
“Nach dem ersten Aufstehen war ich ganz euphorisch, wollte sofort wieder loslegen”, sagt Jörn Karlipp. Die Krankenschwester hat das verhindert. Von sich aus bremsen ist nämlich nicht seine Stärke. Den Theorieführerschein für das Leben nach dem Herzinfarkt wird er in der Reha bekommen. Karlipp weiß, dass Kaffee und Zigaretten kein Mittagessen sind und der Computer am Abend kein echtes Entspannungsprogramm. Du brauchst wieder ein Keyboard, habe seine Frau gesagt. “Vielleicht suche ich mir auch wieder eine Band.” Sicher ist nur: Die Medikamentenbox, die jetzt an seinem Bett steht, wird ihn sein Leben lang begleiten – und das Gefühl, dass sich alles ganz schnell ändern kann.